Ausgabe zur THE SMARTER E 2019

6 PHOTOVOLTAIK GLEICH KLIMASCHUTZ TEXT & BILD: SOLAR CLUSTER BADEN-WÜRTTEMBERG E.V. MEITNERSTR. 1, 70563 STUTTGART P hotovoltaikanlagen auf dem Dach lohnen sich finanziell. Gut für die Umwelt sind sie außer- dem. Doch wie viel tragen sie konkret zum Klimaschutz bei? Dieser Frage ist das Solar Cluster Baden-Württemberg nachgegan- gen. Das Ergebnis der Recherche: Jede Photovoltaik-Anlage ist ein bedeutender Beitrag zum Klima- schutz. Eine große Solarstromanla- ge auf einem Einfamilienhaus mit einer installierten Leistung von 15 Kilowatt beispielsweise vermei- det jedes Jahr den Ausstoß von neun Tonnen des Treibhausgases Kohlenstoffdioxid (CO 2 ). Das ist ziemlich genau die Menge, die ein Bundesbürger in Deutschland im Durchschnitt jährlich verursacht. Bei einer vierköpfigen Familie re- duzieren sich die CO 2 -Emissionen folglich um 25 Prozent – ist die Anlage größer, kommen schnell bis zu 50 Prozent zusammen. In Verbindung mit effizient geheiz- ten Häusern und klimafreundli- cher Mobilität können Familien ihren CO 2 -Fußabdruck sogar fast auf null senken. Bis zur Mitte des Jahrhunderts muss das weltweit der Fall sein, um das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens zu erreichen. Der Pro-Kopf-Ausstoß von CO 2 in Deutschland beträgt derzeit im Schnitt neun Tonnen pro Jahr. Mit Photovoltaikanlagen wer- den diese ökologischen Schulden drastisch verringert. Der Grund liegt in der positiven Ökobilanz von Photovoltaikanlagen. Sie er- zeugen deutlich mehr Energie, als zu ihrer Herstellung nötig ist. „Je nach Solarzelltechnologie sind es in Deutschland ein bis zwei Jahre, dann hat sich der Ener- gieaufwand amortisiert“, erklärt Franz Pöter, der Geschäftsführer des Solar Clusters. Strom liefern die Anlagen viele Jahre länger: Eine Photovoltaikanlage produ- ziert bis zu 30 Jahre Ökostrom. Das bedeutet: Eine Solar- anlage erzeugt aus der Solar- strahlung rund zehnmal so viel Energie, wie zu ihrer Produktion benötigt wird. Bei konventio- nellen Kraftwerken ist die Öko- bilanz dagegen immer negativ. Sie können sich nicht energetisch amortisieren, da ständig neue er- schöpfliche, fossile Energievorräte (Kohle, Gas, Öl, Uran) zugeführt werden müssen. Solarstrom vermeidet pro Kilowattstunde 614 Gramm CO 2 Das Umweltbundesamt hat im Oktober 2018 von der Rohstoff-Ge- winnung bis zum Ende der Lebens- zeit einer Photovoltaik-Anlage die dabei anfallenden Treibhausgas- Emissionen ermittelt. Da Sonnen- strom im Wesentlichen Strom aus Kohle- und Erdgaskraftwerken er- setzt, senkt jede Kilowattstunde Strom aus Photovoltaikanlagen in Deutschland den Treibhausgas- ausstoß aktuell um 614 Gramm. Im Ergebnis vermeidet eine Solar- stromanlage auf einem Einfamili- enhaus je nach Größe rund sechs bis zehn Tonnen Treibhausgase pro Jahr. Ein mittlerer Gewerbetrieb mit einer entsprechend größeren Photovoltaikanlage kommt sogar auf rund 100 bis 180 Tonnen pro Jahr. Generell gilt: Je mehr erneu- erbare Energien und je weniger fossile zur Produktion eingesetzt werden, desto besser ist die Öko- bilanz. Solarzellen vom Weltmarkt- führer China haben daher derzeit eine etwas schlechtere Energiebi- lanz als Zellen aus manch anderer Weltregion. Das liegt an den dort geringen Umwelt- und Effizienz- standards und der überwiegenden Erzeugung des Stroms aus Kohle. Chinesische Solarzellen brauchen deshalb rund 20 bis 30 Prozent mehr Zeit, um den Energieaufwand zu amortisieren als europäische Modelle, schätzten US-Wissen- schaftler 2014 in einer Studie, die sich auf Daten aus dem Jahr 2013 bezog. Seitdem hat sich der Kohleanteil am Energiemix in China nicht wesentlich geändert: Er ging von rund 70 Prozent im Jahr 2013 auf 65 Prozent im Jahr 2016 zurück. Zum Vergleich: In Deutschland verringerte sich der Anteil der Kohle am Strommix in demselben Zeitraum von 46 auf 40 Prozent. Ökobilanz von Solarzellen aus Europa ist besser: Förderung daran anpassen Ein weiterer Faktor für die Ener- giebilanz ist der Transport zum Einsatzort. Das Fazit der Studie aus den Vereinigten Staaten: Der Kohlendioxid-Fußabdruck eines in China hergestellten und nach Eu- ropa gebrachten Solarmoduls ist rund doppelt so hoch wie ein in Europa produziertes und genutztes Modul. Der im Laufe der Produktion und dem Transport entstandene CO 2 -Fußabdruck könnte bei der För- derung von Photovoltaikanlagen neben Kosten und technischer Qualität künftig eine Rolle spie- len. In Frankreich etwa gibt es bei Ausschreibungen inzwischen Plus- punkte, wenn Photovoltaikmodule einen kleineren CO 2 -Fußabdruck aufweisen. „In Deutschland soll- ten wir ähnlich verfahren“, rät Franz Pöter. „Das würde unserer heimischen Solarbranche zu Gute kommen und die bereits hohe Wertschöpfung von rund 70 Pro- zent in Deutschland noch weiter erhöhen.“ TEXT: SOLAR CLUSTER BADEN-WÜRTTEMBERG E.V. MEITNERSTR. 1, 70563 STUTTGART FOTO: RAINERSTURM / PIXELIO.DE D ie Landesregierung Baden-Württemberg wird künftig regionale Photovoltaiknetzwerke finanziell fördern. Nun sind die ersten drei Regionen, Donau- Iller, Neckar-Alb und Südlicher Oberrhein, gestartet. Die Netzwerke sollen vor Ort den ins Stocken geratenen Aus- bau der Solarstromerzeugung vo- rantreiben. Insgesamt wird es 12 Netzwerke geben, pro Regional- verband eines. Das Solar Cluster Baden-Württemberg und die KEA Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg organisieren den fachlichen Austausch und die Vernetzung untereinander. Die Ko- ordination zielt darauf ab, die re- gionalen Photovoltaik-Netzwerke im Südwesten bestmöglich zu unterstützen. Die auf drei Jahre angelegte Förderung hat ein Volu- men von insgesamt 3,5 Millionen Euro. „Mit dem Geld werden Bera- tungs- und Netzwerkinitiativen in Baden-Württemberg unterstützt, um die klimafreundliche Solar- stromerzeugung auszuweiten“, erklärt KEA-Geschäftsführer Volker Kienzlen. Alle an Photovoltaik In- teressierten können sich künftig auf einer Internetseite informie- ren, aber auch Informationen aus- tauschen: Neben einer zentralen Portalseite richten die Beteiligten für jedes regionale Netzwerk eine eigene Seite sowie einen internen Bereich als „Sharing-Plattform“ ein. „Im engen Austausch mit den Initiativen wollen wir einen Experten-Pool für Fachfragen und Vorträge aufbauen sowie Dossiers, Flyer und Leitfäden mit Informa- tionen für verschiedene Zielgrup- pen erstellen. So muss nicht jede Initiative das Rad neu erfinden“, sagt Solar-Cluster-Geschäftsführer Franz Pöter. Auch ein Online-PV- Rechner und FAQ sollen Hilfestel- lung geben. Außerdem planen Solar Clus- ter und KEA Veranstaltungen für die Akteure. „Sie sollen dem di- rekten Erfahrungsaustausch über Hemmnisse und deren erfolgreiche Überwindung dienen“, so Kienzlen weiter. In den bereits etablierten jährlichen Solarbranchentag wird die Netzwerkoffensive ebenfalls eingebunden. Darüber hinaus wird sie bei der Energiewendekampag- ne der Landesregierung prominent vertreten sein. Zur Unterstützung des Photo- voltaik-Ausbaus holen die Partner auch die wichtigen Multiplika- toren in Baden-Württemberg an einen Tisch – auf der Anbieter- seite ebenso wie auf der Nachfra- geseite: Hersteller, Installateure, Energieberater und Forschungs- institute sowie Kommunen, die Wohnungswirtschaft, Gewerbe, Handel, Dienstleistungen und die Industrie. Hinzu kommen die In- dustrie- und Handelskammern so- wie die regionalen Energieagentu- ren als Fachleute. Informationsdefizite abbauen Die Netzwerke sollen die Ins- tallation von Dachanlagen und die Errichtung von Solarparks vor Ort vorantreiben. Bis zu 11 Giga- watt installierte Leistung könnten allein auf den Dachflächen von Wohnhäusern und Nichtwohnge- bäuden im Südwesten Platz fin- den. Derzeit sind es nur 5,5 Giga- watt. Dabei sind die Bedingungen für Anlageneigentümer gut: Die Kosten für Solaranlagen sind ra- sant gesunken, Photovoltaikstrom vom Dach kostet nur noch 6 bis 11 Cent pro Kilowattstunde. Sogar, wer seinen Solarstrom vollständig in das Stromnetz einspeist, macht Gewinn. Und wer ihn teilweise selbst verbraucht, erhöht den Ge- winn entsprechend. Auch große Photovoltaikan- lagen auf Freiflächen werden trotz der sehr guten solaren Ein- strahlungswerte und der guten wirtschaftlichen Aussichten in Baden-Württemberg in zu geringer Anzahl errichtet, um den Photo- voltaikanteil im Stromnetz auf das gewünschte Niveau zu heben. Wesentliche Gründe für den schwächelnden Ausbau sind In- formationsdefizite und der or- ganisatorische Aufwand für die Interessenten. Mit der Netzwerk- förderung will die Landesregie- rung die relevanten Akteure dabei unterstützen, diese Hürden zu überwinden. Netzwerke als Teil der Solaroffensive Die Netzwerke sind Teil der Solar- offensive der Landesregierung, mit der die Potenziale der Photovoltaik und der Solarthermie noch besser ausschöpft werden sollen. Neben der Netzwerkförderung umfasst die Solaroffensive weitere sieben Maß- nahmen, unter anderem die beiden Förderprogramme zu Solarstromspei- chern und solaren Wärmenetzen, die Etablierung von Mieterstrommodel- len sowie der Ausbau der Photovol- taik auf landeseigenen Dächern und Flächen. Ziel ist es, den Solarstrom- anteil von 8 auf 12 Prozent im Jahr 2020 zu steigern und die Nutzung der Solarwärme signifikant zu erhöhen. Über das Solar Cluster Das Solar Cluster Baden-Würt- temberg e.V. vertritt und vernetzt derzeit rund 45 Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus allen Teilen der solaren Wertschöpfungs- kette. Ziele der südwestdeutschen Branchenvereinigung sind der be- schleunigte Ausbau der Solarener- gie in Baden-Württemberg und die Unterstützung der regionalen Solar- branche. Seinen Mitgliedern bietet der Verein zahlreiche Möglichkeiten, Kontakte zu Unternehmen, For- schung und Politik zu knüpfen, regel- mäßige Veranstaltungen sowie eine starke Stimme in der Öffentlichkeit. Über die KEA Die KEA Klimaschutz- und Energie- agentur Baden-Württemberg GmbH ist die Energieagentur des Landes. Aufgabe der KEA ist die aktive Mit- wirkung an der Klimaschutzpolitik in Baden-Württemberg: Sie berät Ministerien, Kommunen, kleine und mittelständische Unternehmen so- wie kirchliche Einrichtungen bei Energieeinsparung, rationeller Ener- gieverwendung und der Nutzung erneuerbarer Energien. Mehrheits- gesellschafter ist das Land Baden- Württemberg. Der Sitz der KEA ist in Karlsruhe. Klimaneutral leben: Mit Photovoltaik den CO 2 -Fußabdruck ummehrere Tonnen verringern Photovoltaik gleich Klimaschutz – eine Hausdachsolaranlage gleicht die Kohlendioxid-Emission einer Person aus Mit regionalen Netzwerken mehr Sonnenenergie imSüdwesten ernten Die ersten 3 von 12 Photovoltaiknetzwerken in Baden-Württemberg gestartet Mit einer Photovoltaikanlage lässt sich der CO 2 -Abdruck drastisch reduzieren. Das schützt das Klima. Foto: Fotolia

RkJQdWJsaXNoZXIy NzYxOTg=