8 16/2025 50 Jahre EMO Text & Bild: Deutsche Messe Messegelände 30521 Hannover Im Juni 1975 träumt fast ganz Paris von der Liebe – à l’électronique. Während die neue, elektronisch gesteuerte RERSchnellbahn ihre Fahrt aufnimmt, entsteht mitten in der Stadt das Centre Pompidou mit farbcodierten Rohren und elektronischer Gebäudetechnik. Gleichzeitig feiert die internationale Werkzeugmaschinenindustrie im Parc des Expositions de la Porte de Versailles die Premiere der „Exposition Mondiale de la Machine-Outil“ – kurz EMO. Gemeinsamer Nenner der drei Events: Sie läuten den weltweiten Aufbruch ein in eine neue Ära, in der die Elektronik allmählich das Kommando übernimmt. Ein Rückblick von Technikjournalist und Zeitzeuge Nikolaus Fecht. Adieu, EWA – so heißt es 1975 in Paris und zwei Jahre später auch in Hannover. Die EMO tritt das Erbe der „Europäischen WerkzeugmaschinenAusstellung“ an, die seit 1951 abwechselnd in Belgien, Italien, Frankreich und Deutschland stattfand. Aus der kontinentalen Branchenschau wird ein internationales Event, zu dem der europäische Werkzeugmaschinenverband Cecimo abwechselnd nach Mailand, Paris und Hannover einlädt. Numerische Steuerung: Kurvenscheibe und Nockenwelle passé Zum ersten Mal präsentiert sich die europäische Werkzeugmaschinenindustrie auf einer Messe mit durchgehend internationalem Anspruch. Besonders ein Impuls aus den USA sorgt Mitte der 1970er Jahre für Aufsehen: die numerische Steuerung (NC). An die Stelle von Kurvenscheiben, Nockenwellen und mechanischen Kopiereinrichtungen treten programmierbare Steuerungen, mit denen sich Bewegungsabläufe erstmals flexibel über Software definieren lassen. Doch das ist erst der Anfang, orakelt damals eine deutsche Fachzeitschrift: „Der erste WerkzeugmaschinenWeltkongress schließt mit einer Diskussion über die künftige Entwicklung der Werkzeugmaschinen-Steuerung in Verbindung mit der Anwendung des Computers.“ So weit ist es jedoch noch nicht, noch dominieren Lochstreifen die Szene – das klassische Speichermedium numerisch gesteuerter Maschinen. Den nächsten Schritt hin zur CNC – „Computerized Numerical Control“ – lerne ich als Werkstudent Mitte der 1970er Jahre in der großen Lehrwerkstatt von Thyssen in Kassel kennen. Der Umgang mit dieser Technik will jedoch erstmal gelernt sein: „Finger weg, das ist nichts für Anfänger!“, fährt ein Meister den angehenden Elektroingenieur an, als dieser neugierig seine erste CNC-Maschine inspiziert: Eine über drei Meter hohe CNC-Werkzeugmaschine – ausgestattet mit einer frühen Steuerung von Siemens. Der Student blickt auf ein magnetbandgestütztes Eingabesystem, das bernsteinfarben leuchtet. Vormarsch aus Japan: Jede vierte Drehmaschine besitzt CNC-System Kein Wunder, dass mich der Neuling fasziniert – ist CNC Mitte der 1970er Jahre doch noch eine technische Ausnahmeerscheinung. In den Vereinigten Staaten sind laut National Bureau of Economic Research, Cambridge (USA), weniger als fünf Prozent der Maschinen CNC-gesteuert, in der Bundesrepublik Deutschland sogar nur rund zwei Prozent. Nur Japan ist deutlich weiter: 1975 besitzt bereits jede vierte exportierte Drehmaschine ein CNC-System – Tendenz stark steigend. Mit leuchtenden Augen sehen sich die Produktions-Fachleute Computerlösungen aus Fernost oder USA an, es herrscht aber lange bremsende Skepsis: Zu ihnen zähle auch ich. Bei meinem ersten EMO-Besuch 1987 in Mailand lerne ich als Fachredakteur Hightech aus Fernost kennen: Mitsubishi präsentiert ein CNC-System, das angeblich fünfmal schneller als herkömmliche 16-bit-Systeme arbeitet und dank künstlicher Intelligenz sogar die Bearbeitung automatisch optimiert. Für mich als schreibenden Ingenieur beginnt eine neue Ära, die ich in der Fachpresse als „CIMsalabim“ bezeichne – eine augenzwinkernde Anspielung auf das „Computer Integrated Manufacturing“ (CIM), bei dem Roboter, Werkzeugmaschinen, Fließbänder, Messplätze und Computer zu einer rechnerintegrierten Fabrik verschmelzen. Dem digitalen Trend folgen bald auch grüne Themen – zunächst belächelt, dann gefördert, schließlich gefordert. Eine Schlüsselrolle spielte die so genannte Hochgeschwindigkeitsbearbeitung (HSC). Das Verfahren ermöglicht extrem schnelles Zerspanen bei gleichzeitig hoher Oberflächenqualität – und das mit sehr wenig oder ganz ohne Kühlschmierstoffe. Zur EMO Hannover 2001 zeigt die Getrag Ford Transmission GmbH, wie sich HSC und Minimalmengenschmierung ressourcenschonend kombinieren lassen. So erfahre ich bei einer Vorortreportage für den EMO-Pressedienst: „Ein Kölschglas reicht zum BeDie Erfolgsgeschichte der Weltleitmesse – von „Bonjour électronique“ bis „Hallo KI“ 50 Jahre EMO: Menschen, Maschinen, Meilensteine Deutsche EMO-Premiere: 1977 präsentiert sich die Werkzeugmaschinenbranche – zwei Jahre nach Paris – erstmals weltweit in Hannover.
RkJQdWJsaXNoZXIy NzYxOTg=