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LASERTECHNIK FÜR UMWELT-SATELLITEN
TEXT & BILD:
FRAUNHOFER-INSTITUT FÜR LASERTECHNIK ILT
STEINBACHSTR. 15
52074 AACHEN
GERMANY
I
m Jahr 2021 soll der
deutsch-französische
Satellit MERLIN zur
Erforschung von Me-
than- Emissionen auf der
Erde gestartet werden. Mit
an Bord ist ein Lasersystem,
das auch unter extremen
Bedingungen präzise arbei-
tet. Die Technologie dafür
wird am Fraunhofer-Institut
für Lasertechnik ILT in Aa-
chen entwickelt und auf der
LASER World of Photonics
2017 vorgestellt.
Methan wird als Klimagas
noch nicht so viel diskutiert
wie Kohlendioxid, bei der Erd-
erwärmung ist es aber pro
Molekül 25-mal wirksamer.
Kohlendioxid kommt jedoch
in der Atmosphäre etwa 200-
mal häufiger vor und ist damit
absolut wirksamer. Seit 2007
steigt die Methankonzentrati-
on in der Atmosphäre schnell
an, ohne dass die Ursachen
für das Phänomen wirklich
klar wären.
Vor dieser Kulisse wurde
2010 das deutsch-franzö-
sische MERLIN-Projekt be-
schlossen. Der Kleinsatellit
MERLIN (Methane Remote
Sensing LIDAR-Mission) soll
2021 starten und das Methan
in der Erdatmosphäre kar-
tieren. Die Wissenschaftler
wollen so verstehen, in wel-
chen Regionen Methan in die
Atmosphäre eingebracht wird
und wo es abgebaut wird.
Kernstück des Satelliten ist
ein Licht-Radar (LIDAR), das
Lichtpulse in die Atmosphä-
re schickt und aus dem vom
Erdboden zurückgestreuten
Licht die Methankonzentrati-
on bestimmt. Bislang wurde
für Methanmessungen mittels
optischen Spektrometern die
Sonnenstrahlung benötigt.
Mit dem MERLIN-LIDAR kön-
nen die Werte aber auch auf
der Nachtseite der Erde ge-
messen werden. Außerdem
sind nun auch Messungen in
kleinräumigen Wolkenlücken
möglich.
Wie entwickelt man Laser
für den Weltraum?
Die Anforderungen an den
Laser für die MERLIN-Mission
sind extrem: Das System muss
Schocks sowie Vibrationen bis
25 grms genauso aushalten
wie thermische Wechsellas-
ten von -30 °C bis +50 °C.
Außerdem sollen organische
Materialien wie Klebstoffe
möglichst vollständig ver-
mieden werden, um nicht die
Umgebungsluft und damit die
hochreinen Spiegelflächen zu
verunreinigen. Und alles muss
nach dem Start für die Missi-
onsdauer von 3 Jahren stö-
rungsfrei funktionieren.
Für Partner wie DLR, Air-
bus Defence and Space, TESAT
Spacecom und die ESA ent-
wickelt das Fraunhofer ILT
seit Jahren Technologien für
solche weltraumtauglichen
Laser. Einzelne Systeme sind
schon geflogen, aber jetzt
haben die Experten mit FULAS
(Future Laser System, geför-
dert durch die Europäische
Weltraumorganisation ESA,
FKZ C0O-8/09/FF), eine neue
Technologieplattform für La-
sersysteme geschaffen. Diese
lässt sich auf unterschiedli-
che Laserstrahleigenschaften
und Missionen anpassen. Die
FULAS-High-Power-Sektion
wurde 2016 fertiggestellt. Das
System hat erste Thermalva-
kuumtests unter realistischen
MERLIN-Bedingungen bereits
bestanden.
Für die FULAS-Plattform
entwickeln die Experten nicht
nur raumfahrttaugliche Kom-
ponenten, sondern auch eine
ganz eigene Aufbautechnolo-
gie: Bei den opto-mechani-
schen Komponenten werden
alle wesentlichen Justier-
schritte mit manuell geführ-
ten Robotern mit Hilfe des
sogenannten Pick & Align-
Verfahrens durchgeführt. Da-
mit ist das Verfahren grund-
sätzlich automatisierbar und
somit auch für andere Bran-
chen interessant.
MERLIN ist auf dem Weg
zum Take-off
Auch der LIDAR-Laser für
MERLIN baut auf der FULAS
Plattform auf. Auf und unter
einer speziellen optischen
Bank sind Laser-Oszillator,
-Verstärker und Frequenzkon-
verter befestigt. Mit dem Pick
& Align-Verfahren sind die
optischen Komponenten jus-
tiert und verlötet.
Die Parameter im Detail sind
eine Herausforderung: Für den
LIDAR-Betrieb soll das Laser-
system 9 mJ-Doppelpulse bei
zwei Wellenlängen um 1645
nm im Einzelfrequenz-Betrieb
liefern, wobei einer der Pulse
spektral stets exakt auf eine
charakteristische
Methan-
absorptionslinie eingestellt
wird. Genutzt wird dafür ein
maßgeschneiderter
Aufbau
aus einem Oszillator mit ak-
tiver Längenregelung sowie
dem mehrfach preisgekrönten
InnoSlab-Verstärker bei einer
Wellenlänge von 1064 nm
und einem längengeregelten
Frequenzkonverter (OPO) mit
zwei KTP-Kristallen.
Als MERLIN-Vorläufer ist
das LIDAR-System der CHARM-
F Mission schon 2015 mit dem
Forschungsflugzeug
HALO
geflogen. Damals hatte noch
das DLR-Institut für Phy-
sik der Atmosphäre die Fre-
quenzkonvertierung für das
LIDAR integriert. Für MERLIN
wurden ausgehend von der
Technologieplattform FULAS
Halterungs- und Justagekon-
zepte für einen optimierten
OPO entwickelt und bereits
erfolgreich umgesetzt. Die
Robustheit des kompletten
OPO-Aufbaus konnte in MER-
LIN-Temperaturtests nachge-
wiesen werden.
Nachdem im vergangenen
Jahr der PDR-Status (Preli-
minary Design Review) er-
reicht wurde, wird aktuell der
CDR-Status (Critical Design
Status) erarbeitet und der
Bau eines EQM (Engineering
Qualification Model) vorberei-
tet. Dieses Modell soll später
umfangreichen Tests unter-
zogen werden und somit die
Tauglichkeit für den Einsatz
im Weltraum nachweisen.
Mit den daraus gewonnenen
Erkenntnissen wird dann das
endgültige Flugmodell (FM)
gebaut.
Die grundsätzlichen Laser-
parameter wurden jedoch be-
reits an einem Labormodell
nachgewiesen, das auf Stan-
dardkomponenten basiert.
Der Betrieb des MERLIN-
Systems im All ist in etwa
3 Jahren geplant, die Ferti-
gungstechnologien und die
Testprozeduren sind schon
jetzt etabliert und können für
weitere flugtaugliche Systeme
genutzt werden. Und wie so
oft in der Raumfahrt ergeben
sich interessante Synergi-
en für andere Anwendungen:
Eine automatisierte Justie-
rung optischer Komponenten
zum Beispiel ist für die Ferti-
gung von Laserquellen an der
Tagesordnung.
Das MERLIN-LIDAR-Modell
wird auf der LASER World of
Photonics 2017 in München
auf dem Fraunhofer-Gemein-
schaftsstand A2.431 gezeigt.
Das MERLIN-Projekt wird
durch das Bundesministerium
für Wirtschaft und Energie
BMWi gefördert (Förderkenn-
zeichen 50 EP 1601), Pro-
jektträger ist das Raumfahrt-
management des Deutschen
Zentrums für Luft-und Raum-
fahrt DLR.
Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT
Robuste Lasertechnik für Umwelt-Satelliten
»Die Anforderungen an den Laser
für die MERLIN-Mission sind extrem«