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WELTPREMIERE
TEXT & BILD:
FRAUNHOFER-INSTITUT FÜR WERKSTOFFMECHANIK IWM
WÖHLERSTRASSE 11
79108 FREIBURG
GERMANY
E
ine neue, am Fraunho-
fer-Institut für Werk-
stoffmechanik
IWM
entwickelte Technik er-
möglicht es, Flachglas mithilfe
eines Laserstrahls zu komplexen
oder ungewöhnlichen Formen zu
biegen. Mit dieser Technik kön-
nen zukünftig neuartige Produk-
te für Architektur oder Design
entstehen. Die Forscherinnen
und Forscher nutzen dabei die
besondere Eigenschaft von Glas,
bei hoher Temperatur zähflüssig
verformbar zu werden. Den Rest
erledigen die Schwerkraft und
exakte Berechnungen.
Mit präzisen Bewegungen fährt
der Laserstrahl über die Glasober-
fläche. Er folgt einer vorprogram-
mierten, noch unsichtbaren Bahn.
Zwischendurch stoppt er, setzt an
einer anderen Stelle wieder an
und fährt weiter. Das vier Millime-
ter dicke Flachglas liegt in einem
Ofen, der vorgeheizt ist – knapp
unter dem Temperaturbereich, bei
dem Glas zu fließen beginnt. Jetzt
wird das Glas an den Stellen, die
der Laser erhitzt hat, weich. Durch
die Schwerkraft senken sich die
erhitzten Partien wie zähflüssiger
Honig nach unten. Wenn die ge-
wünschte Verformung erreicht ist,
wird der Laser ausgeschaltet, das
Glas erstarrt. Entstanden ist eine
faszinierende Form mit Biegun-
gen in kleinen Radien, Wellen und
kreisförmigen Ausbuchtungen.
So funktioniert die laserge-
stützte Technik zum Biegen von
Flachglas, die das Fraunhofer IWM
entwickelt hat. Möglich wird das
Verfahren auch durch eine physi-
kalische Besonderheit des Werk-
stoffs: Anders als beispielsweise
Metall, besitzt Glas keinen defi-
nierten Schmelzpunkt, bei dem es
sich verflüssigt. Stattdessen wird
es ab einem bestimmten Tempera-
turbereich weich und formbar.
Glasbiegen ohne Biegeform
Das lasergestützte Verfahren aus
dem Fraunhofer IWM ermöglicht
in der Architektur, aber auch im
Industrie-Design komplexe Formen,
die bisher nicht oder nur mit gro-
ßem Aufwand realisierbar waren.
Das Flachglas wird geformt, ohne
dass eine Biegeform Druck ausübt.
So bleiben keine unschönen Ab-
drücke zurück – das Glas bleibt an
seinen geraden Flächen optisch
unverzerrt.
Software steuert den Laserstrahl
Zum Einstellen der gewünschten
Form des Produkts wird zunächst
ein Verfahrensablauf programmiert.
Auf Grundlage der Geometriedaten
werden die Dauer und die zeitliche
und örtliche Abfolge der Erwär-
mung festgelegt sowie das Steu-
erprogramm für den Laserstrahl
erstellt. Dabei kann der Laser zwi-
schendurch pausieren, bestimmte
Partien mehrmals erhitzen oder die
Leistung verändern. »Mit unserer
Technik können Hersteller ganz
individuelle Glasobjekte in kleiner
Stückzahl oder sogar in Einzelstü-
cken wirtschaftlich produzieren«,
sagt Tobias Rist, Wissenschaftler
am Fraunhofer IWM.
Der gesamte Vorgang vom Ein-
bringen des Glases in den Ofen bis
zum Abkühlen dauert etwa eine
halbe Stunde. Der Laser selbst be-
nötigt je nach gewünschter Form
nur ein paar Minuten. »Ein ent-
scheidender Vorteil für Hersteller
ist die kurze Belegungszeit der
Maschine. Man bringt das Werk-
stück in den vorgeheizten Ofen,
dann kann der Laser nach weni-
gen Minuten loslegen«, erklärt
Tobias Rist. Danach kühlt das
Glas außerhalb des Biegeofens ab
und macht so Platz für das nächs-
te Werkstück, ohne dass der Ofen
heruntergekühlt werden muss.
Das ist deutlich energieeffizien-
ter als herkömmliche Verfahren:
Der Laser ist zwar energieinten-
siv, aber die sehr kurzen Bear-
beitungszeiten sparen wiederum
Strom.
Bewegliche Spiegel
lenken den Laserstrahl
Die Gruppe »Bearbeitungs-
verfahren, Glasformgebung« des
Fraunhofer IWM nutzt ein leis-
tungsstarkes CO
2
-Laser-Modell.
Solche Laser werden in der In-
dustrie häufig für die Materialbe-
arbeitung eingesetzt. Der Laser-
strahl trifft nicht direkt auf das
Werkstück, es wird vielmehr über
bewegliche Spiegel in das Innere
des Ofens gelenkt. So lässt sich
der Laserstrahl sehr schnell und
einfach positionieren, da man
nicht die gesamte Laserappara-
tur bewegen muss. Derzeit ist
das Team in der Lage, Gläser bis
zu einer Kantenlänge von 100
Zentimeter zu bearbeiten und
auch Formen zu beiden Seiten
der Glasscheibe einzubringen.
Im nächsten Schritt experimen-
tieren die Forscherinnen und
Forscher mit verschiedenen Glas-
sorten und erproben weitere Va-
rianten in der Fertigung, um die
Formenvielfalt bei den Produkten
zu vergrößern.
Glas: Die spröde Flüssigkeit
Glas ist ein ganz besonderer
Stoff: Am besten kann Glas als
viskose Flüssigkeit beschrieben
werden. Beim Erkalten der Glas-
schmelze bilden sich keine für
Festkörper typischen Kristalle.
Vielmehr bleibt das Material im
Prinzip viskos und fließt im Lauf
von Jahrhunderten entsprechend
der Schwerkraft. Fensterglas hat
eine molekulare Struktur, die
Lichtwellen im für Menschen
sichtbaren Bereich passieren
lässt – darum ist es durchsichtig.
Es gibt jedoch auch Glasarten,
die für uns undurchsichtig sind
und die sichtbaren Lichtwellen
reflektieren oder absorbieren,
beispielsweise Chalkogenidglas.
Glasfertigung
Glas hat die Menschen immer
schon fasziniert. Seit Jahrtausen-
den versuchen sie die Bearbeitung
und Fertigung von Glas weiterzu-
entwickeln. Bereits in Ägypten
wurden um 1500 v. Chr. Hohlgläser
geformt. Die Assyrer stellten Glas
650 v.Chr. mit einer Mischung aus
Sand, Asche und Kreide her.
Über die Jahrhunderte wurden
immer neue Verfahren ausprobiert:
So wird Glas nach dem Schmelzen
mit Methoden wie Ziehen, Walzen,
Blasen, Schleudern, Pressen oder
Rotieren in die gewünschte Form
gebracht. Mit der Laser-Technik
des Fraunhofer IWM ist nun eine
Methode hinzugekommen, die
ohne großen Aufwand die Her-
stellung sehr komplexer oder un-
gewöhnlicher Designs ermöglicht.
Pionier der Glasbearbeitung
Joseph von Fraunhofer (1787-
1826), Forscher, Optiker und Na-
menspatron der Fraunhofer-Gesell-
schaft, war auch ein Pionier der
Glasbearbeitung. Der ehemalige
Glaserlehrling aus dem bayeri-
schen Straubing experimentier-
te mit neuen Schmelzverfahren
bei der Fertigung und konnte so
erstmals schlierenfreie Gläser her-
stellen. Seine Arbeiten in der op-
tischen Forschung sind bis heute
bahnbrechend.
Sein Spektrometer ermög-
lichte die Untersuchung des
Sonnenlichts. Begriffe wie die
Fraunhofer-Beugung oder die
Fraunhofer´schen Absorptionsli-
nien im Sonnenspektrum sind bis
heute allen Studierenden der Op-
tik vertraut. Außerdem sind ihm
bedeutende Fortschritte bei der
Fertigung optischer Instrumente
gelungen, darunter Ferngläser,
Lupen, Mikroskope und Fernrohre
für die Astronomie.
Glasformgebung:
Flachglas biegen mit Laser und Schwerkraft
Mit der neuen Technologie der laserunterstützen Glasformgebung geformte Prototyp-Flachglasscheibe
mit sehr kleinen Radien
D
er führende Laser- und
Lasersystemhersteller
TRUMPF präsentiert sei-
nen Besuchern auf der
LASER World of Photonics auf über
600 Quadratmetern Standfläche
zahlreiche einzigartige Produkt-
highlights. Weltpremiere feiert
das zweite TruDisk Modell aus der
vor wenigen Wochen eingeführten
neuen Scheibenlasergeneration.
Es handelt sich dabei um die
fortschrittlichsten High-Power-
Festkörperlaser auf dem Markt. Be-
sonderes Merkmal: Das intelligente
Innenleben.
Damit schafft die neue Schei-
benlasergeneration
optimale
Hardware-Voraussetzungen für die
digitalisierte Zukunft. „Die neue
TruDisk Generation ist nicht nur
die fortschrittlichste und intel-
ligenteste, sondern gleichzeitig
auch die kompakteste und ener-
gieeffizienteste
Scheibenlaser-
generation, die wir je entwickelt
haben“, sagt Klaus Löffler, Ge-
schäftsführer und Vertriebsleiter
der TRUMPF Lasertechnik GmbH.
„In Kombination mit unseren
Condition Based Services für Zu-
stands- und Trendanalysen sind
die neuen TruDisk Scheibenlaser
das ideale Produktionsmittel für
überlegene Fertigungslinien im
Sinne von Industrie 4.0.“
Dreh- und Angelpunkt der intel-
ligenten TruDisk Strahlquelle ist
die neue Steuerung im Inneren.
Sie ist das Gehirn des Lasers, hier
laufen sämtliche Zustandsdaten und
Prozessparameter zusammen. Un-
terschiedlichste Sensoren erfassen
während des Bearbeitungsprozesses
die tatsächliche Laserleistung im
Mikrosekundentakt, alle internen
und externen Signalverläufe sowie
die Auslastung der Strahlquelle oder
den Zustand zusätzlicher Kompo-
nenten. Das sogenannte Precision
Time Protocol synchronisiert dabei
alle Sensoren und verpasst ihnen
einen identischen Zeitstempel. Der
Clou: In Zukunft wird TRUMPF mit
Hilfe der Condition Based Services
diese – im Vorfeld vom Kunden frei-
gegebenen – Daten und Parameter
auswerten, algorithmus-basierte
Trendanalysen durchführen und ge-
zielt Maßnahmen ergreifen können,
um vorausschauend Ausfallrisiken
der Laser zu bestimmen und unge-
plante Stillstände zu vermeiden.
Der TRUMPF TruDisk Scheiben-
laser hat sich über die Jahre tau-
sendfach im Feld bewährt. Dank
Echtzeitleistungsregelung liefert
er eine stabile Laserleistung am
Werkstück – und zwar über die
komplette Lebensdauer des Sys-
tems. Zudem ist er technologie-
bedingt unempfindlich gegen La-
serstrahlung, die vom Werkstück
reflektiert wird. Im Klartext: Er
ist extrem robust und für den rau-
en industriellen Einsatz bestens
geeignet. Dabei ist sein Anwen-
dungsspektrum sehr breit: Vom
Automobilbau über die Luft- und
Raumfahrt, die Medizintechnik
und Elektronik bis hin zur Zulie-
fer- und Schwerindustrie – TruDisk
Scheibenlaser fügen, beschichten,
generieren, härten und trennen
dank hoher Strahlqualität stets re-
produzierbar und zuverlässig.
Halle A2, Stand 330
Die neue TruDisk Scheibenlasergeneration von TRUMPF
Weltpremiere für den nächsten schlauen Laser
Neue Scheibenlaser-Generation
Die neue TruDisk Generation fällt mit einer Aufstellfläche von weniger
als einem Quadratmeter sehr kompakt aus.
Condition Based Services
Die Condition Based Services von TRUMPF helfen eine zuverlässige
Produktion mit höchster Verfügbarkeit sicherzustellen.
Robuster Optikaufbau
Der Optikaufbau eines TRUMPF TruDisk Scheibenlasers ist technologie-
bedingt unempfindlich gegen Laserstrahlung, die vom Werkstück
reflektiert wird. Das macht ihn ausgesprochen robust.