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EFFIZIENZ
TEXT & BILD:
FRAUNHOFER-INSTITUT FÜR SILICATFORSCHUNG ISC
NEUNERPLATZ 2
97082 WÜRZBURG
GERMANY
T
echnische Systeme müs-
sen regelmäßig auf De-
fekte wie Risse überprüft
werden. Piezosensoren
zum Messen von Druck, Kraft
oder Spannung können solche
Mängel zuverlässig aufspüren –
allerdings bisher nur bis etwa
200 Grad Celsius.
Spezielle Hochtemperatur-Pie-
zosensoren überwachen nun erst-
mals auch Bauteile kontinuierlich,
die bis zu 900 Grad Celsius heiß
sind. Auf der Messe Sensor+Test
vom 30. Mai bis 1. Juni 2017 in
Nürnberg stellen Fraunhofer-For-
scher ihre Entwicklung vor (Halle
5, Stand 248).
Ist ein Riss, Korrosion oder ein
anderer Makel in einem Bauteil,
etwa in Dampfleitungen von Koh-
lekraftwerken, muss es dringend
repariert werden. Ultraschallsen-
soren, die von außen angebracht
werden, können solche Fehlstellen
aufspüren. Allerdings nur dann,
wenn die Bauteile nicht heißer als
etwa 200 Grad Celsius sind. Denn
ab dieser Temperatur verlieren
konventionelle piezoelektrische
Materialien ihre Funktion, die
zum Bestimmen von Druck, Kraft,
Spannung, Beschleunigung oder
als Gassensor eingesetzt wird.
Zudem versagen Kapselungen aus
Kunststoffen, die nicht hitzeresis-
tent sind.
Erste Sensoren für
Hochtemperaturanwendungen
Forschern am Fraunhofer-Institut
für Silicatforschung ISC ist es gelun-
gen, Piezo-Sensoren für Hochtem-
peraturanwendungen zu realisieren.
»Unsere Sensoren haben wir bereits
bei bis zu 600 Grad Celsius einge-
setzt, generell sind bis zu 900 Grad
Celsius möglich«, sagt Dr. Bernhard
Brunner, Leiter der Applikations-
technik beim Center Smart Materials
des Fraunhofer ISC. Zudem sind die
Ultraschallsensoren langzeitsta-
bil – zwei Jahre halten sie in je-
dem Fall, für viele Anwendungen
erwarten die Forscher eine Le-
benszeit von mehreren Jahrzehn-
ten. Das Prinzip ist das gleiche
wie bei anderen Piezosensoren
auch: Dieser wird von außen an
das Bauteil appliziert, etwa an ein
heißes Stahlrohr. Legt man nun
eine elektrische Wechselspannung
an den Piezokristall an, verformt
dieser sich mechanisch und sen-
det eine Ultraschallwelle in das
Material. Der Sensor schaltet nach
dem Schallpuls um auf Empfang
und detektiert das Signal, das vom
Bauteil zurückgeworfen wird. Üb-
licherweise erhält er dabei immer
das gleiche Ursprungssignal. Ist
jedoch ein Riss im Bauteil oder
eine Stelle korrodiert, ändert die-
ser Defekt das zurückgeworfene
Signal und weist damit auf eine
Defektstelle hin. Verwendet man
mehrere Wandler, die als Sender
und Empfänger dienen, kann man
den Ort des Fehlers sogar auf we-
nige Millimeter genau lokalisieren.
Die Reichweite des Sensors be-
trägt je nach Material des Bauteils
einige Meter.
Die Herausforderung bestand
darin, handelsübliche Piezokristal-
le so aufzubauen, dass sie einen
Dauereinsatz an heißen Bautei-
len als Schallwandler überstehen.
Problematisch ist vor allem der
Klebstoff, mit dem die Sensoren
umhüllt und am Bauteil befestigt
werden: Er verträgt zu hohe Tem-
peraturen nicht. »Wir verwenden
daher Glaslote als Klebstoff und
Gehäusematerial«, erläutert Brun-
ner. Nun müssen diese Gläser, die
zur Gruppe der Klebstoffe gehören,
jedoch nicht nur Hitze vertragen,
sondern vor allem auch die Tem-
peraturunterschiede zwischen der
Raumtemperatur und der Betriebs-
temperatur von mehreren hundert
Grad Celsius. Während sich der
Stahl des Bauteils beim Erhitzen
sehr stark ausdehnt, verändert
der Kristall seine Ausmaße nur
marginal. Das Glaslot, in das der
Sensor gebettet wird, muss die-
se verschiedenen Ausdehnungen
mitmachen und darf dabei nicht
zerspringen. Die Forscher umhül-
len den Sensor daher mit mehre-
ren Schichten aus verschiedenen
Glasloten, die exakt aufeinander
sowie auf die Materialspezifika
des Bauteils abgestimmt sind. Die
entsprechenden Glaslote sowie die
Prozess- und die Verarbeitungs-
technik stammen ebenfalls aus
dem Fraunhofer ISC. Damit die
elektrischen Signalleitungen bei
den hohen Einsatztemperaturen
nicht korrodieren, bestehen die
Zuleitungen aus Edelmetallen wie
Platin.
Breite Anwendungspalette
Die Anwendungen für die Hoch-
temperatur-Ultraschallwandler sind
zahlreich: Die Forscher können mit
ihren Sensoren beispielsweise auch
messen, wie viel einer heißen Flüs-
sigkeit – etwa Öl – durch ein Rohr
strömt sowie die Temperatur eines
Gases oder einer Flüssigkeit berüh-
rungslos bestimmen: Während ein
Fühler einige Sekunden braucht,
bis er die Temperatur ermittelt hat,
kommt der Ultraschallwandler inner-
halb weniger Millisekunden zu dem
Ergebnis. Denn er misst die Tempe-
ratur über die Schallgeschwindig-
keit, die temperaturabhängig ist.
Auf der Messe Sensor+Test vom 30.
Mai bis 1. Juni 2017 in Nürnberg
stellen die Forscher Prototypen ih-
rer robusten Spürnasen vor (Halle 5,
Stand 248).
Halle 5, Stand 248
Hitzeresistente Ultraschallwandler
Halbleitertechnik
Hitzebeständige Kondensatoren – stabil bis 300 Grad
TEXT & BILD:
FRAUNHOFER-INSTITUT FÜR MIKROELEKTRONISCHE
SCHALTUNGEN UND SYSTEME IMS
FINKENSTR. 61, 47057 DUISBURG
H
itze gehört zu den
schlimmsten Feinden
der Elektronik. Sie
kann die Funktionali-
tät stören, sie lässt elektroni-
sche Bauteile schneller altern
und kann diese sogar zerstören.
Fraunhofer-Forscher haben ei-
nen Kondensator entwickelt, der
Temperaturen von bis zu 300
Grad Celsius aushält. Sie nutzen
dabei einen neuartigen Materi-
almix – und einen besonderen
3D-Trick.
Hitze, Staub und Feuchtigkeit
schaden elektronischen Bautei-
len. Gegen Staub und Feuchtig-
keit lassen sich diese gut schüt-
zen. Doch die Hitze bleibt ein
Problem, denn sie entsteht im
Bauteil selbst. Überall, wo Strom
fließt, wird auch Hitze generiert.
Und nicht immer ist in der elek-
tronischen Komponente genügend
Platz, um die Abwärme mit Kühl-
rippen oder Ventilatoren abzu-
leiten. Noch schwieriger wird es,
wenn das Gerät in einer heißen
Umgebung arbeitet, beispielswei-
se ein Bohrmeißel in der Ölindust-
rie, der in einigen Tausend Metern
Tiefe mit hoher Geschwindigkeit
rotiert. Dabei entstehen Tempera-
turen von bis zu 250 Grad. Hinzu
kommt die enorme mechanische
Belastung für die elektronischen
Komponenten.
Für dieses Problem hat das
Fraunhofer-Institut für Mikroelek-
tronische Schaltungen und Sys-
teme IMS eine Lösung parat. Die
Forscher haben einen Kondensator
entwickelt, der Temperaturen von
bis zu 300 Grad verkraftet. Zum
Vergleich: Herkömmliche Elektro-
nik kann nur Temperaturen von bis
zu 125 Grad widerstehen.
Kondensatoren speichern La-
dungsträger und zählen zu den am
häufigsten verwendeten passiven
Bauelementen in der Elektronik.
Der Aufbau eines Kondensators
ist simpel: Zwei leitfähige Platten
fungieren als Plus- beziehungswei-
se Minus-Elektrode, dazwischen
liegt eine isolierende Schicht, das
sogenannte Dielektrikum. Um die
Hitzebeständigkeit zu verbessern,
nutzt das Team um Dorothee Dietz,
Wissenschaftlerin am Fraunhofer
IMS, einen neuartigen Materialmix
und einige konstruktive Kniffe.
3D-Trick für mehr Fläche
Bei der Fertigung der leitenden
Metallschichten werden winzige
Löcher in die Grundfläche geätzt,
um die Fläche zu vergrößern. Der
3D-Trick erhöht die Kapazität und
ermöglicht es gleichzeitig, ein di-
ckeres Dielektrikum zu verwenden.
Eine dickere Schicht wiederum
widersteht hohen Temperaturen
besser und kann unkontrollierte
Leckströme im Kondensator ver-
mindern.
Auch bei der Produktion des
isolierenden Dielektrikums ge-
hen die Experten neue Wege. Sie
verwenden Tantalpentoxid, eine
Verbindung aus dem Metall Tan-
tal und Sauerstoff, sowie Alumi-
niumoxid. Der Materialmix spei-
chert die Ladungsträger besser
als das üblicherweise verwendete
Siliziumoxid und bewirkt so ei-
nen höheren Kapazitätsbelag des
Kondensators. In der Elektro-
technik werden diese besonders
leistungsfähigen
Materialien
deshalb auch als High-k-Dielek-
trika bezeichnet.
Außerdem verwenden die
Fraunhofer-Forscher ein elekt-
risch hochleitfähiges Silizium
sowie das besonders robuste
und hitzebeständige Rutheni-
um. »Mit unserem Materialmix
und den konstruktiven Tricks
können wir einen Kondensator
herstellen, der äußerst robust
und hitzebeständig ist, ohne an
Leistung zu verlieren«, erklärt
Dorothee Dietz.
Extrem präzise: Schichten mit
nur einer Atomlage
Doch die Hochtemperatur-
Fähigkeit ist nicht der einzige
Vorteil der Halbleiter aus dem
Fraunhofer-Labor.
Hergestellt
werden die Kondensatoren näm-
lich im Metall-Oxid-Halbleiter-
Verfahren (MOS). Dabei werden
Schichten mit jeweils nur einer
Atomlage Dicke verarbeitet (Ato-
mic Layer Deposition). So lässt
sich die Gesamtdicke der Schich-
ten exakt einstellen. »Das macht
die Produktion sehr flexibel. Der
Hersteller kann Bauteile genau
nach den Vorgaben des Kunden
anfertigen, ohne den Prozessab-
lauf verändern zu müssen«, sagt
Dietz.
Das Know-how im Bereich der
Hochtemperaturelektronik lässt
sich auf viele andere passive
oder aktive Bauelemente wie Wi-
derstände, Dioden oder Transis-
toren anwenden. Die am Fraun-
hofer IMS etablierte Technologie
eignet sich auch für komplette
integrierte Schaltungen. Damit
kann der Kondensator nicht nur
im Bohrmeißel, sondern ebenso
in Einspritzanlagen von Motoren
oder Flugzeugturbinen verbaut
werden – also überall da, wo ext-
rem hitzebeständige und robuste
Bauteile gefragt sind.