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MEDICAMEDICINE + SPORTS CONFERENCE
TEXT & BILD: MESSE DÜSSELDORF GMBH
STOCKUMER KIRCHSTRASSE 61, 40474 DÜSSELDORF
S
pitzensport, Breiten-
sport,
Gesundheits-
sport, Reha und mehr:
Sport von der Stange
ist out. Sportler und Patienten
sind so unterschiedlich, wie es
die Menschen sind – und alle
wollen entsprechend ihren An-
sprüchen, Bedürfnissen und Fä-
higkeiten gefordert und geför-
dert werden.
Individualisierung ist auch
zentrales Thema aller medizini-
schen Fachrichtungen. Die Digi-
talisierung und der Zuwachs an
Information über die einzelne
Person sowie neue Analysemög-
lichkeiten eröffnen neue Wege in
der Personalisierung der Sportme-
dizin und damit medizinischen
Fortschritt. Die englischsprachi-
ge MEDICA MEDICINE + SPORTS
CONFERENCE bietet Gelegenheit,
sich auch hier auf den neusten
Stand der Forschung zu bringen.
Mit Zukunftsthemen wie „Latest
Innovations in Monitoring Vital
Data and Sports Performance“,
„Tailored Exercise Programs“,
oder „Digitale Innovationen im
Breiten- und Spitzensport“ feiert
sie am Dienstag und Mittwoch,
14. und 15. November, im Rah-
men der weltführenden Medizin-
messe MEDICA 2017 in Düsseldorf
ihr fünfjähriges Jubiläum. Die In-
dividualisierung der Sportmedizin
ist ein roter Faden, der sich durch
viele Beiträge zieht.
So wird der Gründer des
`Sub2hrs´-Marathon-Projekts sei-
nen `360 Monitoring´-Ansatz vor-
stellen, der Spitzenläufer befähi-
gen soll, die Zwei-Stunden-Marke
zu unterbieten. Welche digita-
len Tools und Methoden bereits
heute für ein umfassendes „Life
Management“ im Spitzensport
und bald auch im Breitensport
verfügbar sind, darauf geht auch
Marko Yrjövuroi, Startrainer vieler
US-Spitzenathleten ein. adidas
stellt in Düsseldorf erstmalig die
All Day Fitness-App in Session 1
am Dienstag, 14. November, vor.
Sie soll den Nutzer rund um die
Uhr begleiten – nicht nur beim
individuellen
Sportprogramm,
sondern auch beim Thema Ernäh-
rung, in Ruhephasen oder beim
Yoga. Die App stellt somit eine
Ergänzung zu gängigen Fitness-
Trackern dar und zielt auf die in-
dividuelle Unterstützung in einer
breiten Bevölkerungsschicht.
Es geht insgesamt um die Zu-
kunft des Sports und der Sport-
medizin – und beispielsweise um
die Frage: Ist es möglich, den
Marathon in einer Zeit unter zwei
Stunden zu laufen? „Ja!“, so ant-
wortet Prof. Yannis Pitsiladis von
der University of Brighton. Als
Mitglied der `Member of Medical
and Scientific Commission´ müss-
te er es wissen. 2:02:57 lautet
derzeit die offizielle Bestmarke.
Der neue Weltrekord müsste also
fast drei Minuten schneller sein –
und dies in einer Zeit, in der viele
Experten davon ausgehen, dass
sich der Leistungssport an der
Grenze des physisch Möglichen
befindet. Es wird immer schwerer,
neue Rekorde aufzustellen.
Ein Marathon in unter zwei
Stunden – das soll auch
„clean“ gehen
Am Dienstag, 14. November,
Session 1, gibt nun der Gründer
des sub2hrs-Marathon-Projekts
einen Einblick in den Stand der
Dinge bei diesem Megaprojekt
mit seinen Bausteinen eines
multidisziplinären 360-Monito-
rings von Sportlern. Ein exakter
Zeitplan wurde hier zwar nicht
veröffentlicht. Aber erklärtes Ziel
ist es seit Start des Projektes im
Jahre 2014, die 2-Stunden-Gren-
ze binnen fünf Jahren zu kna-
cken. Dabei wird zwar auf alles
gesetzt, was erfolgversprechend
und machbar ist. Aber Doping
gehört nicht dazu. Im Gegenteil:
Das SUB2-Projekt versteht sich
als „clean running“-Projekt. Alle
Athleten werden regelmäßig auf
Doping entsprechend den Regeln
der World Anti-Doping Agency
(WADA) getestet. Während die
Macher also keine Garantie geben
können, dass sie das sportliche
Ziel erreichen, glauben sie, dass
das Projekt Vorbild sein kann
für künftige sportliche Erfolge.
So wird an vielen Stellschrauben
gedreht, um individuelle Höchst-
leistungen zu erreichen, die im
bahnbrechenden Rekord münden
sollen.
Das Team um Pitsiladis setzt
auf moderne Ausstattung, in-
telligentes Training - und bei-
spielsweise die Individualisierung
auf Basis von Data Management
sowie Bioinformatik. Die Auswer-
tungen der genetischen Daten,
Transkriptomen, Metabolomen,
Proteomen und Epigenomen jedes
einzelnen Athleten sollen helfen,
das Training zu individualisieren.
Solche Projekte können sich zu
„tailored exercise programs“ rech-
nen, denen die MEDICA MEDICINE
+ SPORTS CONFERENCE eine weite-
re, eigene Session 5 am Mittwoch,
15. November, widmet. Spannen-
de persönliche „Stories“ und die
dahinterstehenden Trainingspro-
gramme sowie deren Ergebnisse
gehören hier zum Programm. So
berichtet der finnische Freestyle-
Skistar Pekka Hyysalo aus eige-
nem Erleben. Er hatte im Jahr
2010 einen schweren Skiunfall.
Der damals 19 Jahre alte Pekka
erlitt ein schweres Schädel-Hirn-
Trauma und fiel ins Koma. Aus
seinem Kampf zurück ins Leben
entstand die Organisation `Fight-
Back´, die ihn und andere Sportler
unterstützt, die unter den Folgen
eines Schädel-Hirn-Traumas lei-
den. Pekka arbeitet aktiv in der
Organisation mit und teilt seine
Trainingsprogramme und die Er-
kenntnisse mit Betroffenen und
deren medizinischen Betreuern.
Laura Hottenrott, Spitzenathletin
auf Mittel- und Langstrecke, wird
in Düsseldorf vorstellen, wie sie
über die Herzfrequenzvariabilität
ihr Ausdauertraining und die Er-
holungsphasen optimiert.
Wie der Teamarzt in der
Bundesliga mitentscheidet
Darüber hinaus geht es um die
Nutzung spezifischer Monitoring-
verfahren direkt am Point of Care
(POC) für die optimale Trainings-
steuerung von Einzelsportlern. In
Deutschland stellt sich für Verlet-
zungen beim Fußball recht häufig
die Frage, wann eine Belastung
wieder möglich ist. Nach welchen
Verfahren erfolgt „Return-to-Acti-
vity“ in der Fußball-Bundesliga?
Götz Welsch, Teamarzt des Ham-
burger SV, wird erläutern, wie er
darüber entscheidet, wer wieder
mitspielen darf. Auch hier gilt es,
die Entscheidungen zu „Return-
to-Activity“,
„Return-to-Play“
und
„Return-to-Competition“
personalisiert unter Berücksichti-
gung der entscheidenden Kriteri-
en zu treffen.
Die Frage, wann man einen
Spieler herausnehmen muss und
wann nicht, ist auch Thema zu-
vor am Mittwoch, 15. November,
in Session 4, bei der die neues-
ten Innovationen zum Monitoring
von Vital- und Leistungsdaten
vorgestellt werden. So sind Kopf-
verletzungen in vielen Sportarten
immer noch eine häufig unter-
schätzte Gefahr – und manchmal
stellt sich erst am Tag nach dem
Unfall heraus, wie schwer die Ver-
letzung wirklich war: „Es fehlt
an fundierter Sensibilisierung
für dieses Thema bei Sportlern,
Trainern und Ärzten und es gibt
bislang keine einheitliche Defi-
nition des Begriffs Concussion“,
beschreibt Prof. Claus Reinsber-
ger von der Universität Paderborn
einige der Defizite im Umgang mit
Schädelhirnverletzungen. Klar ist,
dass für die Beurteilung von mög-
lichen Schädigungen des Gehirns
eine standardisierte Diagnostik
und situationsgerechte Behand-
lungsabläufe notwendig sind.
Dabei müssen auch die Auswir-
kungen auf Spätfolgen im Blick
bleiben. Bislang verlässt man
sich bei der schnellen Diagnostik
am Spielfeldrand weitgehend auf
den Pupillenreflex. Reinsberger
will in seinem Vortrag eine neue,
sicherere Diagnostik darlegen:
„Assessing Concussed Brains Bet-
ween Clinic And Technology“ ist
der Titel seines Vortrags. Die Zu-
kunft des Spitzen- und auch des
Breitensports kann von derarti-
gen innovativen Ansätzen einer
präzisen Medizin profitieren. So
erläutert Prof. Wilhelm Bloch die
Bedeutung einer Analytik in Echt-
zeit am Point-of-Care – und der
darauf basierenden individuellen
schnellen Anpassung der sportli-
chen Belastung und der medizi-
nischen Betreuung des Individu-
ums. Auch der Schlaf beeinflusst
die persönliche Leitungsfähigkeit.
In Session 4 am Mittwoch, 15.
November, wird Raija Laukkanen,
wissenschaftliche Leiterin von
Polar die Bedeutung des Schlafs
für Regeneration, Verletzungsprä-
vention und sportliche Leistung
behandeln sowie Methoden zur
Analyse des Schlafverhaltens vor-
stellen.
Digitale Neuheiten für Sportme-
dizin, Spitzen- und Breitensport
Digitale Innovationen für die
Sportmedizin und den Spitzen-
und Breitensport werden in der
Session 6 am Mittwochnachmit-
tag vorgestellt, die erstmalig auch
für alle Fachbesucher der MEDICA
ohne Konferenzticket geöffnet
sein wird. Schlaglichtartig werden
hier Innovationen vorgestellt. Da
kann auch der Trainer im Laien-
sport profitieren, wenn der Sport-
arzt weiter weg ist – zum Beispiel
indem er sieht, welcher Spieler
wieviel gelaufen ist. In Düsseldorf
sind dabei: ein `Smart Running
Coach´ basierend auf biomechani-
schen Daten, innovative Gaming-
Technologien für Ballsportarten,
Wearables für Regeneration und
Rückentraining, neue Methoden
für die Echtzeitanalyse von Herz-
rhythmusstörungen, stretchbare
Elektronik für die hochpräzise
Kraft- und Leistungsmessung so-
wie Lösungen für das Corporate
Fitness Management.
Vielleicht wird es ja irgendwann
vermehrt dazu kommen, dass Sport
per Rezept verordnet wird. Denn:
Galt früher „Ruhe als oberstes Ge-
bot“ für den kranken Patienten,
wird in Bezug auf immer mehr
Diagnosen auf Basis wichtiger Er-
kenntnisse aus der Sportmedizin
umgedacht. Wohl dosierte Aktivi-
tät wird als wichtiger Faktor der
Genesung in vielen Behandlungs-
fällen anerkannt. Das gilt nicht nur
für psychische Erkrankungen oder
für Demenz, sondern selbst für
Herz-Kreislauf-Krankheiten oder
für zahlreiche Fälle von Krebs. Und
dieser Trend ist länderübergreifend
zu beobachten. „Exercise Prescrip-
tion for Health in Practise – a
Common European Project“ lautet
der Titel eines Vortrags von Prof.
Petra Zupet, Präsidentin der slowe-
nischen Sports Medicine Associati-
on. Dies zeigt einmal mehr, dass
Lerneffekte durch den Austausch
von Spitzensport, Gesundheits-
sport und Reha auf der Agenda der
diesjährigen MEDICA MEDICINE +
SPORTS CONFERENCE ganz oben
stehen.
Die MEDICA MEDICINE + SPORTS
CONFERENCE bringt internatio-
nal renommierte Sportmediziner,
Visionäre,
Physiotherapeuten,
Sport Techies, Industrie und Ex-
perten zum interdisziplinären
Dialog über innovative Ansätze
in Prävention, Regeneration und
Rehabilitation zusammen. Die
Macher dieser stetig wachsenden
Plattform vernetzen mittlerweile
ganzjährig führende Köpfe der
Sportmedizin mit der Industrie.
Auch im MEDICA-Messegeschehen
wird sich dies in 2017 bemerkbar
machen. In Halle 4, Stand F25,
stehen die größten Sportmedi-
zinvereinigungen der Welt auch
außerhalb des Kongresszentrums
für den Start neuer Kooperationen
und zum Dialog bereit.
Bei der MEDICAMEDICINE + SPORTS CONFERENCE rückt die
Zukunft der individualisierten Sportmedizin in den Fokus
»Es geht insgesamt um die Zukunft
des Sports und der Sportmedizin«